Zur Causa „Strauss-Kahn“ möchte ich mich an dieser Stelle nicht äußern. Zum einen liegt es nahe, mich als frankophilen Europäer für befangen zu erklären, zum anderen hat Anne Will mit ihrem Expertengremium schon alle Details geklärt. Dennoch möchte ich von einem fast vergleichbaren Vorgang berichten.
Meine Frau versuchte kürzlich Hin- und Rückfahrt für die Strecke Hannover – Baden-Baden zu buchen. Eigentlich eine ICE-Strecke ohne Umsteigen. Für die Hinfahrt traf diese Annahme auch zu, für die Rückfahrt gab es nur komplexeste Verbindungen mit Umsteigen. Wir konnten uns den Sachverhalt nicht erklären. Irgendwann fragte mich meine Frau: „Was ist denn dieses SEV Baden-Baden?“ Keine Ahnung. Früher dachte man nach, heutzutage googelt man. iPad am Küchentisch gezückt und Frau Google fragen: „SEV Baden-Baden“. Aber Google weiß, was Männer wünschen. Meinten Sie: „Sex in Baden-Baden“, lautet der freundliche Korrekturvorschlag. 2.140.000 Results. Nun muss man schon einen starken Willen haben, um nicht testweise die ersten Results zu prüfen. Und schon steht man mit einem halben Bein auf Rikers Island. Nebenbei gesagt: SEV bedeutet Schienenersatzverkehr, aber wen interessiert das noch. Dass Baden-Baden an diesen Tagen vom ICE-Betrieb wegen einer Brückenrenovierung ausgespart wurde, interessiert noch weniger. Doof ist, wenn einem die Frau dann nach einer halben Stunde fragt: „Und, hast du etwas herausbekommen?“
Etwas herausbekommen wollte ich auch, als ich dem Blogger Sascha Pallenberg auf der DNUG Konferenz lauschte. Übrigens, wenn man nach „Pallenberg“ googelt, ist man ähnlich schnell auf Abwegen: Die Results beziehen sich primär auf Anita Pallenberg, angeführt von Foto-Thumbnails, zu denen die Maus fast automatisch hinrutscht. Der Kollege Pallenberg stellte sich als Inkarnation des „Neo-nomad“ vor und glänzte durch einen inhaltlich minimalistischen Vortrag über seine persönliche IT-Ausstattung. Ein paar nette Bilder zum Inhalt seines Rucksackes, ein paar Theorien zu den Erfindern dieser Kleinteile und ein auch für ihn selbst überraschend schnelles Vortragsende. Ein Freund und IT-Enthusiast im Publikum war kurz davor mit seinem szene-bekannten Adapterbeutel auf die Bühne zu rennen, weil es zum Thema gepasst hätte. Er sammelt Adapter für alle Lebenslagen: HDMI über VGA auf Centronics, DVI über USB an ISDN, usw. Er hätte dem Kollegen Pallenberg spielend über die letzten Minuten helfen können. Mir fehlt der Mut für solche Vorträge am Abgrund des Minimalismus. Ich muss mir dennoch dieses Business Model des Travelling Bloggers mal näher angucken. Es reizt.
Noch effizienter bezüglich des Vortragsaufwandes war ein Kollege vom IBM Tiger Team beim anschließenden Conference-Wrap-Up. Er war, obwohl zum Vortragsbeginn spontan IBM Suchtrupps losgeschickt wurden, nicht auffindbar. Vermutungen, dass er „mal für kleine Königstiger“ war, erwiesen sich als falsch. Aber IBMer sind Generalisten. Da kann jeder jeden aus dem Stegreif ersetzen. Ohne jegliche Einschränkungen in den Inhalten übernahm der alleingelassene IBM Marketier souverän den kompletten Vortrag. Als Gladbach-Fan weiß auch er wie nahe der Abgrund ist. Der vermisste Referent erschien just in dem Moment im Saal als sein Co-Referent sich den abschließenden Beifall für ihren gemeinsamen Vortrag erarbeitet hatte. IBM-interne Kompensationsvereinbarungen – Größenordnung: 1 Kiste Bier oder eine Flasche Whiskey – sind mir nicht bekannt geworden, wären aber fair.