Stilblüten

Es ist Mitte Januar und die letzten Weihnachtskarten trudeln ein. Es ist ja auch verständlich, dass man erst mal abwartet, ob man eine Weihnachtskarte bekommt, bevor man zum Gegenzug ausholt. Die Strategie mag zu kleineren Timing-Problemen führen. Zwei Karten erreichten uns, denen wir keinen Absender zuordnen konnten.  Die Unterschriften waren auch mit Hilfe des im Erdgeschoß ansässigen Apothekers nicht zu entziffern und aus dem Aufdruck „Frankierservice“, den der Altersversorgungsspezialist Zumwinkel auf die Couverts drucken lässt, kann man auch keine Schlüsse ziehen. Eine stilistisch aufwändige Karte hatte den Titel: „Alle Gute für 2008“. Welche denn? Ein schwäbischer Kollege strapaziert fast stündlich den Ausspruch: „Einmal mit Profis arbeiten …“

1_2008

In unserer Branche wird oft schneller geredet als gedacht. Das macht Topmanager, Topseller und technologische Überflieger fast menschlich. Vielfach misslingt auch der legere Griff in die Sprüchekiste, bzw. der Redende versucht sich in sprachlichen mashups oder composite applications.

Ein paar Kleinigkeiten aus dem eigenen Mithör-Repertoire will ich an dieser Stelle zitieren. Der Topseller hat dem Kunden das neue Produkt nochmal ausdrücklich „ans Herz geworfen“, weil dieser „das immer länger auf die Bank schiebt“. Möglicherweise liegt es auch daran, dass er z.Zt. „unflüssig“ ist. Ein Topmanager meint, dass er bei soviel Ärger „unangespitzt in die Decke gehen könnte“. Sein Mitarbeiter hat sich mal wieder „Flöhe in den Kopf setzen lassen“. Aber für ihn wäre das „ein Klacks mit links“. Ein anderer Topseller ist überzeugt, dass er die Argumente des Kunden „akustisch einsieht“, will aber trotzdem vermeiden, dass er auf „dem falschen Pferd ist“. Man will schließlich „den Spieß nicht von hinten aufzäumen“. Über das Argument „das Ohr hört anders als das Auge sieht“ muss der Zuhörer schon etwas länger nachdenken.

Besonderen Unterhaltungswert haben natürlich die sprachlichen Höhenflüge, die versehentlich ins Schlüpfrige abgleiten, aber die darf ich in diesem seriösen Herrenmagazin nicht zum Besten geben. Spätestens der gestrenge Lektor würde meine Glosse auf einen Zweizeiler zusammenstreichen. Um mir nicht vorwerfen zu lassen aus dem Glashaus mit Steinen zu werfen, will ich einräumen, dass mir auch der eine oder andere Sprachunfall passiert. Angesichts des permanenten Leistungsdruckes, unter dem wir alle stehen, ist das aber nicht verwunderlich. Menschlich eben.

Einen Kollegen von IBM fragte ich kürzlich, wo denn das diesjährige Global Kickoff der IBM stattfindet, in Dubai, in Sidney, auf Hawaii? Er antwortete, dass es sich wohl auf eine „Reise nach Jerusalem“ reduziert. Mein erster Gedanke war: Naja, dann halt mal Israel. Kickoff im Felsendom oder so was ähnliches. Dann fiel der Groschen aber doch noch. Die IBM virtualisiert dieses beliebte Kindergeburtstagsspiel, bei dem immer ein Stuhl zu wenig da ist. Die Kombination von Social Networking und Virtualisierung.

Meiner Kollegin ist es nun im 34. Anlauf auch gelungen die elektronische  Übermittlung der Lohnsteuerdaten an das Finanzamt durchzuführen. Mal wieder war der Staat vollkommen überrascht von diesem Datenaufkommen am Jahresanfang und die staatliche Elster-Serverfarm hat den Dienst verweigert.

Nun kann das olympische Jahr beginnen. Erst Florida, dann CeBIT-Partys und dann so langsam für Peking packen.

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