Alles wird schneller. CPUs, Festplatten, RAM, LANs, WLANs, ICEs und TGVs, Audis und Porsches, Flugzeuge eher nicht, aber Fußballspiele, 100m-Läufer, Klimawandel, eben alles. Das Leben an sich ist wahnsinnig schnell.
Eines aber trotzt diesem Megatrend: Das Arbeiten mit Software.
Meine Kollegin beendete den Arbeitstag gerade mit lautem Fluchen: „Den halben Tag verbringe ich mit Warten! Warten, warten, warten! „ Dabei versucht sie lediglich mit dem Marktführerprodukt der Textverarbeitung in der ultimativen Version 2007 einen Flyer zu entwerfen. Ihr Arbeitsgerät Lenovo T43 mit 1GByte RAM sollte eigentlich dem technologischen Standard September 2007 entsprechen. Ähnliche Erfahrungen ziehen sich quer durch jede Software-Nutzung.
Natürlich sind wir zum Teil selbst schuld, wenn per Autostart ganze Warenlager von Software in den Arbeitsspeicher geschaufelt werden. Skype plus ICQ plus Sametime nach dem Motto, dreifach genäht hält besser. Dazu ein Feed Reader, Google Desktop, der Quickr-Monitor und ein bescheidenes Set von zusätzlichen Utilities. Der Viren-Wächter zieht seine Kreise und Apple erfreut uns in kurzen Abständen mit iTunes-Updates, denen wir kaum widerstehen können. Sind ja nur 60MB und was man hat, hat man.
Aber reicht das als Erklärung aus, dass das Arbeiten mit Software an sich immer langsamer wird. Vielleicht werden die Inhalte immer komplexer. Wahnwitzige „composite applications“, Java-Anwendungen, die per Web-Service ständig mit Servern über den ganzen Erdball kommunizieren, Excel-Sheets, die vor unbeherrschter Komplexität bersten.
Es bleibt unergründlich, wohin all der Fortschritt in der Hardwareentwicklung, der uns ja mit Fact Sheets in eindrucksvoller Form vorgerechnet wird, wegdiffundiert. Dank an alle Softwarehersteller für diese geheimnisvolle Leistung.
Aber vielleicht habe ich auch den falschen Denkansatz. Versuchen wir es mal so rum: Die Softwareindustrie bringt Ruhe und Gemütlichkeit in unseren hektischen Berufsalltag. Man muss diese Tatsache nur zu nutzen und zu genießen wissen. Käffchen holen, Schwätzchen mit dem Kollegen, mal kurz zum Supermarkt die Einkäufe erledigen, während ein Notes-Agent läuft. Wetterbeobachtungen, bisschen Surfen, sofern das Task-Management das noch zulässt, einfach die Seele etwas baumeln lassen. Ein Telefonat mit den Lieben zu Hause wird auch goutiert, zumindest vom Gatten, der Gattin oder den Kindern. Der Kollege oder die Kollegin im Großraumbüro mögen etwas genervt sein, aber auch nur dann, wenn sie noch nicht dieses Erkenntnisniveau im Umgang mit Software erlangt haben.
Irgendwann guckt man mal wieder auf den Bildschirm und siehe da, manchmal ist der geliebte Rechner bereit, den nächsten Mausklick entgegen zu nehmen. Und wenn er noch nicht so weit ist, dann kann man ja auch mal seinen Schreibtisch aufräumen und ein bisschen Altpapier auf den Weg bringen.
Wie sagte ein Kollege kürzlich zu mir: „Contenance bewahren. Das ist das Geheimnis.“