Moderne Kommunikation

Kürzlich hatte ich die Gelegenheit nochmals alle Glossen, die ich seit 1994 für das Notes Magazin und später für das Digital Business Magazin verfassen durfte, zu lesen. Fazit: Im Groben kann ich zu dem Gesagten stehen, manches würde man natürlich heutzutage nicht mehr so „naiv“ beschreiben. Fundamentalen Fehleinschätzungen war ich eigentlich selten unterlegen. Es gibt lediglich „technische“ Entwicklungen, die heute zum Alltag geworden sind, auch wenn sie vor Jahren noch Stirnrunzeln verursachten.

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Telefonkonferenzen oder Telcos, wie der Insider sagt, sollten allerdings in der Form, wie ich sie in den letzten Wochen erlebt habe, nicht zum Alltag werden. Wenn dem so wäre, dann haben wir etwas falsch gemacht und manche Kollegen werden weiterhin unter den Tisch springen, wenn das Stichwort „Telco“ fällt.

Diese oft multilateralen Veranstaltungen beginnen mit dem Versuch des puren technischen Zusammenkommens. Wenn der Chairman mit der eigenen Telefonanlage umgehen kann und jeder Teilnehmer die Kürzel GMT, CET, EST, AST in seiner Einladung richtig interpretiert, gelingt das. Als technologische Höchstleistung erlebte ich eine Telco, bei der ein Teilnehmer, unterwegs auf der Autobahn durch Belgien, per Handy zugeschaltet war. Da er alle paar Kilometer den Provider wechselte, musste er immer wieder „reingeholt“ werden.

Telco-Darwinismus Stufe 1: Zeit nicht richtig interpretiert, nicht erreichbar. AUSGESCHIEDEN.

Dem großen globalen „Hallo“ folgt gelegentlich der Versuch eine begleitende Sametime Conference oder ein NetMeeting aufzubauen. Freudige bis verzweifelte Rufe wie: „Do you see me?“, „Do you see my presentation?” enden gelegentlich in der frustrierten Mitteilung: “I send the presentation via email”. Nach knapp 15 Minuten wendet man sich wieder dem Konferenzthema zu.

Telco-Darwinismus Stufe 2: Kein Sametime- oder NetMeeting-Zugang. Partiell AUSGESCHIEDEN.

Nun sind die Ohren gefordert. Szenario: 5 Leute in den USA, 3 Leute in Frankreich, 3 in Deutschland. Die jeweiligen Zuhörer lauschen angestrengt dem oft chaotischen Gebrabbel der fernen Kollegen, bemüht zu identifizieren, wer da gerade welche Weisheit von sich gibt und immer auf der Hut, ob sie direkt angesprochen werden.

W2,Telco-Darwinismus Stufe 3: Mangelnde Sprachkenntnisse mancher Redner und Zuhörer, Redner ignorieren das Faktum in einer Telefonkonferenz zu sein, palavern die Flipchart an oder nuscheln Gebäck kauend Mysteriöses. Man versteht einfach nichts. AUSGESCHIEDEN.

Nun kommt, nach sagen wir 75 Minuten angestrengten Zuhörens, der „worst case“. Aus dem fernen Amerika ruft jemand: „Mr. Allmann, what do you think about this suggestion?” Die Hirnanhangdrüse wirft literweise Adrenalin in die Blutbahn. Schnell räuspern, ein paar Stoibersche „äh“, „ah“, „oh“, und dann qualifiziert antworten.

Telco-Darwinismus Stufe 4: Nicht aufgepasst. Womöglich sogar ein Büro-Sekundenschlaf. AUSGESCHIEDEN. Gratis gibt´s dann noch blöde Kommentare von den anderen: „We lost him!“ oder ein trockenes „Gevallen in slaap“ aus Amsterdam.

Es gibt wie im richtigen Leben noch das Problem, dass man manchmal einfach nicht zu Wort kommt, oder die eigene Meinung nicht interessiert. Aber das ist nicht Telco-spezifisch.

Der Gipfel wäre vielleicht eine Telco über die „Corporate SOA Strategy“ unter Einbeziehung der Kollegen aus Japan und China. Da passt dann auch das Thema zum Ablauf.

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