Natürliche Auslese durch Lenovo

In den letzten Wochen habe ich mich fast ausschließlich mit Fußball befasst. IT-Themen spielten nur ganz am Rande eine Rolle. Ich war sozusagen mental in Urlaub. Trotzdem gab es mitten in der WM-Zeit ein technologisches Highlight für mich. Mein IBM ThinkPad T30 verabschiedete sich schrittweise aus dieser Welt, was als solches kein Highlight darstellt. Zuerst half noch der Schlag auf den Hinterkopf sprich LCD-Screen, der ja angeblich das Denkvermögen erhöht, dann half auch dies nichts mehr.

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Aber man ist ja nicht ganz unglücklich, wenn einem sozusagen ein technisches Update zwangsweise verordnet wird. Also verdoppelte ich den Einsatz  von T30 auf T60. Mir ist zwar bewusst, dass ich damit nur vermeintlich der IBM Hardware treu bleibe, sondern nun auch offiziell ein chinesisches Produkt nutze, aber die Hoffnung auf eine gewisse Bauteil­kompatibilität bewegte mich zu dieser ökonomisch schwer argumentierbaren Entscheidung. Dass der Name Lenovo mehr nach Waschmittel klingt als nach Computer-Technologie ist vermutlich ein temporäres Problem.

Auf ein Detail am neuen Gerät war ich besonders gespannt: Die ThinkVantage Fingerprint Technologie. Nachdem das ThinkPad grundsätzlich eingerichtet war, versuchte ich zu klären, ob nach Addition des Fingerprint Features das Gerät noch ohne biometrische Identifizierung zugänglich sei. Es klang so, als ob das gesichert sei. Ansonsten wäre ich die Sache vorsichtiger angegangen. Somit wagte ich den Einstieg. Erst ein Lernprogramm, dann die echte Registrierung. Letztere sucht man allerdings auf der 34. Menu-Ebene unter Zubehör.

Man kann über 20 Finger registrieren lassen. Mancher registriert wohl auch die Zehen oder andere Körperteile, wenn er nach zehn Fingern am Ende des persönlichen Sets angelangt ist. Der Experimentierfreude ist da Tor und Tür geöffnet.

Nun kommt der Echtfall: Rechner anschalten, auf den Anmeldedialog warten, Finger über den Leser ziehen. Dann ein Schreck. Die Meldung lautet: „Zu kurz!“. Ein Blick auf den Finger. Was kann ich tun? Ist das die natürliche Auslese durch Lenovo? Zugegebenermaßen verfüge ich nicht über Pianistenfinger. Aber ist mein Zeigefinger wirklich zu kurz? Vielleicht hätte ich den Mittelfinger nehmen müssen. Ein nächster Versuch, die Meldung: „Zu schnell!“. Ich bin nun auf alles gefasst: „Zu schmutzig, verknorpelt, stinkt, verschwitzt, fettig!“ Doch beim 5. Versuch habe ich es geschafft. Der grüne OK-Haken erscheint. Ich bin drin.

Inzwischen bin ich halbwegs routiniert und im Schnitt klappt es beim zweiten Versuch. Weitere diskriminierende Meldungen sind mir erspart geblieben. Er ist wohl nur etwas zu kurz. Vorsichtshalber wasche ich aber die Finger vor der Notebook-Benutzung und esse nicht beim Arbeiten. Ich finde es ohnehin unappetitlich, wenn man aus den Inhalten einer Tastatur fast eine Suppe kochen kann. Manchmal klappt es partout nicht mit dem rechten Zeigefinger. Dann muss ich den Linken nehmen, was etwas behindert anmutet, weil ich quer über die Tastatur greifen muss. Aber man sollte nicht ausschließlich zwei Finger einer Hand registrieren, denn wenn die Hand in Gips liegt, hat schon wieder die natürliche Auslese stattgefunden.

Übrigens hört die erhoffte Zubehörkompatibilität schon beim Netzteil auf. Ohne Sinn und Verstand haben die Chinesen erst mal Form und Durchmesser des Pinökels geändert, der zur Stromversorgung in das Notebook gesteckt wird. Alte Netzteile passen nicht. Meinen spontanen Unmut wollte ich unter www.lenovo.de loswerden. Dort steht aber nur ein Baustellenschild, als ob Lenovo ein Getränkehandel an der Ecke wäre, der die Website noch nicht auf die Reihe gebracht hat. www.lenovo.com führt dann zu den bewährten IBM-Pages auf denen eine Beschwerde ohnehin nicht vorgesehen ist.

Somit freue ich mich weiter über meinem T60, der etwas langsamer als mein alter T30 ist und mir den Rückschritt auf 1024×768 beschert hat. Aber vielleicht sind T30 auch für 30-Jährige und T60 für 60-Jährige. Langsamer, mit größeren Buchstaben ist in meinem Alter schon hilfreich.

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