Selbst Unternehmen müssen technischen Frühjahrsputz vornehmen. Nur eine aufgeräumte IT-Struktur ist Grundlage, um in Kürze wesentlich Effizienteres und Innovatives aufzusetzen. Technologische Müllhalden sind auch keine Basis für Portal-Lösungen. Eine wirre Applikationslandschaft lässt sich nicht durch den Einbau einer hübschen Eingangstür in ein Himmelreich mit reduzierten Betriebskosten und optimaler Administrierbarkeit verwandeln.
Dies gilt insbesondere in Zeiten knapper Budgets. Niemand hat Muße für langatmige Ineffizienz. Mehr denn je verlangen Kunden ausschließlich konkrete, griffige und verifizierbare Angebote. Selbstverständlich mit Mehrwertgarantie. Parallel ist zu beobachten, dass Absagen bereits in der Diplomatensprache abgewickelt werden. Kürzlich antwortete mir ein potenzieller Kunde, ich solle vor einer Terminvereinbarung wegen der „ehrgeizigen Projektplanung“ doch etwas mehr Details bieten. So hat die derzeitige Situation durchaus positive Aspekte: Man wird gezwungen, den Blick wieder auf das Wesentliche zu konzentrieren. Der IT-Dienstleister muss den Nutzen seines Angebots für den Kunden schnell und klar darstellen können.
Gleichzeitig neigt unsere Gesellschaft dazu, aus Angst vor Risiko und Fehlentscheidungen im Beamten-Mikado zu verharren. Wer sich bewegt, hat verloren! Ich möchte an dieser Stelle keinem Beamten zu nahe treten, denn das Wort „Beamten-Mikado“ trifft momentan für alle Berufsgruppen zu.
Auch Qualifizierungen müssen klarer nachgewiesen werden. In den letzten Jahren haben zu viele Scharlatane den Wettbewerb massiv gestört. Nun trennt sich die Spreu wieder vom Weizen. Manchmal führt das jedoch zu skurrilen Auswüchsen. Ein Kollege in der Branche musste kürzlich vor dem Arbeitsgericht seine Kompetenz generell in Frage stellen lassen, da er sich früher einem Theologiestudium gewidmet hatte. Nach Meinung des Klägers disqualifizierte ihn dieser Lebensabschnitt für eine Tätigkeit in der IT-Branche. Angesichts der geballten Ansammlung von Religionsstiftern im IT-Bereich ist ein solides Grundstudium allerdings durchaus von Vorteil.
Im Rückblick auf die CeBIT ist zu sagen, dass die frühere Lotus-Familienidylle in diesem Jahr endgültig verloren gegangen ist. Auch eine Aufräumaktion? Mit Mühen war auf dem IBM-Stand in Halle 4 zu erkennen, wo die Altinternationalen hätten stehen können, wenn sie denn da gewesen wären. Die gelbe Farbe war das letzte Relikt aus alten Zeiten. Hatte man den Bereich gefunden, sah man sich einem cool geschwungenen Bogen von uniformen Ausstellern gegenüber. Selbst bunte Bauklötzchen lockerten die Szene nicht so richtig auf. Früher wurde über die Enge, Hitze und zermürbende Lautstärke am Lotus-Stand in Halle 2 gejammert. Dieses Jahr erinnerten sich Aussteller und Messebesucher beinahe mit Wehmut daran zurück.
Messekonzepte müssen grundsätzlich überdacht werden. Der klassische Messebesuch mit Kilometergeld für den Marsch durch die Hallen ist out. Welchen Mehrwert bietet eine Messe dem Besucher, wenn die primäre Informationsbeschaffung über das Internet läuft?
Hier ist ebenso Konkretes, Greifbares und Effizientes gefragt. Die Lösung besteht nicht in der konkurrierenden Beschallung auf Messeständen. Und wegen Schnittchen, O-Saft oder Kaffee geht keiner mehr auf die Messe. Vielmehr interessieren sich Kunden für qualifizierte Fachgespräche, bevorzugen Fachsimpeln und Essentielles in Vorträgen.
Exzesse auf CeBIT-Partys haben noch den alten Charakter. Mir bleibt es ein Rätsel, warum angeblich intelligente Menschen im Messerausch dekorative Schaufensterpuppen erst entkleiden und dann in kannibalischer Manier in Einzelteile zerlegen. Aber der homo CeBITiensis war schon immer eine spezielle Gattung.
Abschließend appelliere ich an alle Leser. Nutzen Sie Ihren „Frühjahrsputz“ für die Besinnung auf das Wesentliche. Unsere Gesellschaft hat Bewegung dringend nötig. Und ganz nebenbei erhalte ich wieder Input für die nächsten Glossen.