Kundennähe auf die Spitze getrieben!

Meine Skepsis gegenüber Megakonzernen ist bekannt. Sie rührt vermutlich von einem Trauma aus frühester Kindheit her und bestätigt sich, wenn ich wieder ein Indiz für das skurrile Treiben der Giganten finde. Mein besonderes Augenmerk gilt nach wie vor den pseudo­-privatwirtschaftlichen Unternehmen unter staatlichem Schutzschild.

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Die Deutsche Bahn AG beispielsweise bemüht sich, den Fahrkartenverkauf übers Internet anzukurbeln. Im Prinzip ein ehrenhaftes Unter­fangen, das jedoch durchdacht sein will. Nach der Anmeldung zu diesem Verfahren bekommt der Kunde eine lange Email mit blumigen Erläuterungen. Absender ist die Email-Adresse kunden@bahn.de. Witzig wird es, wenn man an diese Adresse eine Rückfrage stellt. Das prompte Ergebnis ist:

Sehr geehrte Kundin, sehr geehrter Kunde,

diese e-Mail-Adresse wird vom System generiert und daher leider nicht bedient.

„So etwas gehört in den Hohlspiegel“, dachte ich mir und sandte ohne großes Suchen meine Erkenntnis über Kundennähe bei der Deutschen Bahn an redaktion@spiegel.de.

Ergebnis dieser Bemühung:

———- Failure Reasons ————

Recipient user name not unique. Several matches found in Name & Address Book.

redaktion@spiegel.de

 

Täter ist ein Lotus SMTP MTA v4.6.7. Obwohl auf der Website des Spiegel darauf hingewiesen wird, dass sich die Redaktion wahnsinnig auf Emails freut, ist auf Anhieb keine nutzbare Adresse zu finden. Weitere  Versuche, die  Speerspitze des deutschen  Journa­lismus per Email zu erreichen, scheiterten kläglich, nur webmaster@spiegel.de ist zu erreichen.

Meine Mail-Erkenntnis: Manchmal ist keiner zuständig, manchmal sind´s zu viele.

Sowohl die Bahn als auch der Spiegel könnten sicher erläutern, welche Philosophie oder welche technischen Gründe sich hinter den genannten Beispielen verbergen.

Dennoch würde ich der Bahn empfehlen, die Adresse kunden@bahn.de lieber an eine menschliche Hotline zu routen als durch einen Automatismus wenig Gewinn bringend abzufedern.

Die Adressierung redaktion@spiegel.de halte ich für so plausibel, dass sie auch etwas freundlicher bedient werden könnte, selbst wenn sie aus Sicht des Spiegel zu pauschal ist. Die Fehlermeldung des SMTP MTA sagt zwar dem Fachmann, wo der Hase im Pfeffer liegt, der Laie ist jedoch ratlos.

Als Ergebnis solcher Aktionen greift der genervte Kunde wieder zum Telefon oder zum Fax, oder er lässt es eben sein – was einem Spiegel gleichgültig sein kann, der Bahn eher nicht. Ähnliches
Optimierungspotenzial mit Aussicht auf Return on Invest (ROI), findet man allerorten. Wird in Großprojekten hochkompliziert mit dem ROI kalkuliert, um investitionsunwilligen Entscheidern das Blaue vom Himmel zu versprechen, fehlt dieses Gefühl auf banalerer Ebene oftmals komplett. Dabei fallen auch bei diesen Projekten gute IT-Lösungen nicht vom Himmel. Die Investition in einen kompetenten Dienstleister ist ihre Euros wert.

Ein etwas harter Schwenk in die Automobiltechnik sei noch erlaubt.

Um die Prosperität unserer Branche zu untermauern, weise ich auf den nagelneuen BMW X5 eines Münchner Partners hin. Eine gemeinsame Fahrt zeigte, dass BMW es sich sogar leisten kann, ein Super-Feature im Datenblatt unerwähnt zu lassen: Die Volldusche!

Fahrer und Beifahrer kommen zu gleichen Teilen in den erfrischenden Genuss, wenn das Mobil nach einem Regen mit geöffnetem Schiebedach rückwärts aus der Parklücke bewegt wird. Auch in der Automobilbranche ist die Praxis nicht perfekt. Aber wer fährt schon mit einem BMW rückwärts?

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