Investitionen gesichert – oder Mut zu neuen Investitionen?

Alle Jahre wieder stellt sich auf der Lotusphere in Orlando die globale und bewegende Frage: Wie geht´s denn weiter? Konkreter, aber im größeren Rahmen: Wie lange noch gibt es Lotus Notes und Lotus Domino? Die Fragen im Detail sind vielfältig: Was wird aus JSP und Domino? Wie steht es um Domino als Servlet Engine? Was sieht es mit J2EE und Domino aus? Was passiert mit der K-Station?

2_2002

Ich möchte jetzt nicht die Fragen im Detail beantworten, zumal Antworten eine gewisse Kurzlebigkeit aufweisen könnten. Der große Trend ist jedoch in Orlando klar geworden: IBM will mit Kraft Websphere, DB2 und Tivoli verkaufen. Zum Trost werden zwar Notes 6 sowie Domino 6 für das Q3/2002 und sogar eine Lotusphere 2003 für nächsten Januar angekündigt, aber dann ruft Al Zollar in der General Opening Session die Gemeinde zu einer Horizonterweiterung auf: Er vermittelt mehr oder minder deutlich, dass die Lotus-Brille nicht der Brille des globalen IT-Strategen entspricht. In der Rotunda-Lobby des Hotels sitzt, oder vielmehr hängt, ein altgedienter IBM Sales Guy im Sofa und ruft selbstgefällig: „Everything goes Websphere! That´s it!“

In den einzelnen Sessions werden dann die kleinen Kröten verteilt: IBM möchte in Zukunft nicht mehr auf Gedeih und Verderb alle denkbare Funktionalität in den Domino-Server implementieren, sondern Technologie nur auf der jeweils geeigneten Plattform anbieten. In anderen Worten: „Websphere“.

Application Server und DB2 sind für anspruchsvolle und leistungsfähige Lösungen unausweichlich. Im großen Rahmen wird technische Funktionalität konsolidiert, gleichzeitig wird sie im Detail aber auf mehr Hardware verteilt.

Würden Lizenz-, Hardware- und Administrationskosten sowie die Kosten zum Aufbau von neuem Know-how keine Rolle spielen, dann wäre dieser Ansatz sehr vernünftig. Aber leider entstehen diese Kosten unausweichlich, und somit schwenken wir von „Investitionen gesichert“ zu „Mut zu neuen Investitionen“.

Ob dieser IBM-Kurs von allen Kunden mitgetragen wird, zeigen die nächsten Monate und Jahre. In Amerika mag diese Strategie ein­facher umzusetzen sein als in Europa. Bei Großkunden kann man noch eher (norddeutsch) sagen: „Wat mut, dat mut!“ Beim Mittelstand wird das schon schwieriger. Zumindest Dienstleister sollten für das von IBM initiierte Arbeitsbeschaffungsprogramm dankbar sein.

Unter der Rubrik „Humor“ gab es auf der Lotusphere auch einiges zu beobachten: Österreicher, die im feschen Badetuch auf dem Hotelbalkon den Abschied von der vermeintlich „letzten“ Lotusphere feierten. Hungernde, fluchende Aussteller, die zu Frühstück und warmem Essen nicht zugelassen waren. Törtchen-Wettessen im Dining Tent – teilnehmen durfte, wer die richtige Autorisierung hatte. 65% World Disney Surcharge fürs Telefonieren im Hotel, was sich aber nach einer hartnäckigen Diskussion umgehen ließ.

Zum Schluss noch eine Empfehlung für CeBIT-Partys: Nur einheimisches, sprich norddeutsches Bier konsumieren. Alles andere ist Neokolonialismus in flüssiger Form, der lang anhaltende Kopfschmerzen verursacht.

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