Die Glosse danach

IT-Blätter glänzen immer. Sie zeigen sich frei von jeglichen Bezügen zu den Niederungen des menschlichen Lebens. Und daran hat selbst der 11. September 2001 nichts geändert. Die Automobil-Presse ist ähnlich. Absolut apolitisch, frei von religiösen Ambitionen – selbstverständlich mit Ausnahme der Religion des Geldes und dem Glauben an die Allmacht der Technik. Klinische Reinheit, keine Krankheiten außer dem Siechtum des Neuen Marktes.

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Dieses aseptische Verhalten habe ich nach dem 11. September aufmerksam beobachtet: Abgesehen von wenigen unbeholfenen Versuchen läuft das „business as usual“. Man berichtet über einen mög­lichen Boom für Sicherheitssysteme, beobachtet den Kursanstieg von Rüstungsunternehmen, entschuldigt sich gleich im Nebensatz für diesen verwerflichen Gedankengang und schränkt gleichzeitig ein, dass Fond-Manager immer im Auftrag des Anlegers arbeiten. Schließlich gehorchen sie damit ihrem „sozialen“ Verantwortungsbewusst­sein.

Auch die von mir so geachtete Deutsche Telekom soll angeblich zu den langfristigen Gewinnern gehören. Die Bevölkerung fliegt aus Angst jetzt weniger und telefoniert dafür noch mehr. (Da schleichen sich wieder niedere menschliche Beweggründe ein.) Herzlichen Glückwunsch, Herr Sommer.

Im Moment hänge ich auch als Glossenschreiber etwas in der Luft. Ist die Begeisterung über Taktraten neuer Prozessoren, Fusionen wie die von HP und Compaq, strategische Ambitionen von IBM im
E-Business und vieles andere in den nächsten Wochen so wichtig?

Ich befürchte aber, zurzeit haben die Herren Bush, Powell und Rumsfeld das Zepter in der Hand und bestimmen die Themen, die im Vordergrund stehen. Dabei werden sie von einer devoten europäischen Politikergilde unterstützt, welcher der Mut zur Differenzierung fehlt. So wird manches Engagement in der IT-Branche zur vorbereitenden Maßnahme für die Zeit, in der alles wieder gut ist und das persönliche EKG durch den Börsenindex ersetzt wird.

Trotz allem bleibt die Hoffnung, dass unsere engagierte Branche bald wieder ohne Nebengeräusche den Kunden mit informationstechnologischem Fortschritt beglücken kann. Zum Wohle aller – und unserem eigenen.

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