Ein großer Kunde beauftragte uns kürzlich mit dem Projekt, einen seriösen, leistungsstarken und zuverlässigen Provider für das Hosting seines Extranets zu finden. Deshalb bekam ich explizit die Aufgabe gestellt, auch ein Angebot des Global Players, Deutsche Telekom, einzuholen. Meine darauf folgenden Erlebnisse waren äußerst beeindruckend.
Zum Einstieg lagen mir noch von einem anderen Projekt zwei Erfolg versprechende Telefonnummern vor: die eines Service-Mitarbeiters der DeTeCSM in Bielefeld und die eines Vertriebsmitarbeiters der Telekom in Hannover. Los geht’s! Das Telefonat nach Bielefeld ist auf Anhieb erfolgreich, alle technischen Details werden schnell geklärt. Produkttipp: Universal Webstar, ein Angebot der Telekom.
Die Vorstellung, im Vertrieb anrufen zu müssen, macht mich nervös. Auch der Bielefelder Mitarbeiter weiß dafür keine telefonische Einstiegshilfe. Er empfiehlt die Webseiten der Telekom zu konsultieren. „Google“ ist jedoch erfolglos bei „Universal Webstar“, es findet zumindest keinen Zusammenhang zur Telekom. Zum Warmlaufen starte ich zwei bis drei erfolglose Anrufe in Hannover. Niemand nimmt ab. Die Website von DeTeCSM wiederum führt ohne Umwege zu T-Systems, na ja, wen kümmert’s? Dort finde ich eine Vanity-Number: 0700TSYSTEMS – meine Liebe zu Call-Centern flammt wieder auf. Ich bekomme eine Frankfurter Telefonnummer und versuche mein Glück.
Nach einigen Sekunden musikalischer Wartezeit fließe ich unter der flötenden Stimme der Dame fast dahin. Unter Atemnot gelingt es mir gerade noch, mein Anliegen vorzutragen: Vertrieb – Hosting – Webserver. Ratlosigkeit macht sich am anderen Ende breit. Welche Branche? Versicherungen. „Habe ich hier nicht“, antwortet die Dame, aber sie hat eine Idee und schon werde ich verbunden.
Musik – vier Minuten lang, mein Ohr schmerzt. Beim Umstellen auf Freisprechen entgleitet mir das Gespräch. Nächster Versuch. Eine neue Flötenstimme dringt in mein Gehirn und gleich darauf entsteht Ratlosigkeit; wie gehabt. Die Dame weiß aber einen Geheimtipp: Die zentrale Telefonnummer der Telekom in Bonn, die sie normalerweise nicht herausgeben darf. Aber was ist schon normal?
Das Gespräch nach Bonn bringt mich nicht weiter. Ich erhalte zwar den nächsten Geheimtipp, es im Sekretariat des Vertriebs zu versuchen, dort ist aber zur Zeit leider besetzt.
Beim Anruf in Frankfurt lerne ich die dritte Dame aus der Flötengruppe kennen. Sie verbindet mich mit ihrem Geheimtipp, und es meldet sich per Handy eine Mitarbeiterin im Laufschritt. Es kracht und rappelt im Telefongebälk, da sie auf dem Weg zum Mittagessen ist. Zum x-ten Male schildere ich mein Anliegen – diesmal mit Freisprecheinrichtung, weil mein Ohr schon völlig wund ist. Finales Krachen aus dem Lautsprecher: „Die Gesprächsverbindung wurde unterbrochen. Bitte legen Sie auf, damit Sie wieder erreichbar sind“.
Mein Schrei zerreißt die Stille im Großraumbüro.
Nun ist wieder der Vertrieb in Bonn an der Reihe, der mir mitteilt, dass der lokale Vertrieb in Hannover zuständig ist. Dort wiederum erhalte ich die Info, dass man mich zurückrufen werde. Erschöpft gehe ich am Abend nach Hause.
Am nächsten Morgen kommt ein Anruf der Telekom aus Freiburg (Global Player!) und ich bekomme alle nötigen Infos sofort per Email versprochen. Ich diktiere meine Email-Adresse. Meine Rückfrage nach Namen und Telefonnummer der Anruferin will diese jedoch nicht beantworten, da alles in der Email stünde. Gut, ich bin kein aufdringlicher Mensch und Email geht ja schnell.
Der Tag geht vorbei und nichts passiert. Ich starte den nächsten Versuch bei der ursprünglichen Hannoveraner Warmlaufnummer und erfahre, dass der zuständige Herr ganztägig im Meeting sei.
Fazit: Nach weiteren zwei Tagen trudelte ein erstes Angebot der Deutsche Telekom ein. Die Schiene T-Systems habe ich aufgegeben. Für mein linkes Ohr bekam ich ein Attest vom Arzt: Wundgescheuert! Aber ich hab’ ja noch ein zweites Ohr.
Eben bittet mich meine Kollegin eine Passport/Advantage-Bestellung bei Lotus zu klären. Mir fährt der Schreck in die Glieder. Mein letztes Ohr!