Werte Kollegen, zwischen den blumigen Darstellungen unserer Company Profiles und der schnöden Praxis klafft eine gewisse Schere. Insbesondere, wenn wir das Projektgeschäft betrachten:
Wir sind alle besten Willens, außergewöhnliche Projekte zu bewältigen. Mit viel Elan (und mit sechsstelligen Summen vor den viereckigen, glasigen Augen) starten wir diese Projekte. Doch leider kommt oft Sand ins Getriebe. Gründe gibt es viele: Die Projektdefinition war nicht exakt genug, die eigenen Ressourcen wurden wie so oft gleich mehrfach verplant, notwendige Entscheidungen beim Kunden wurden nicht getroffen, die Zeitachse verrutscht, Kompromisse und Unzulänglichkeiten häufen sich.
Am Ende sind wir froh, den Kopf heil aus der Schlinge zu bekommen. Wir sind als Religionsstifter angetreten und schleichen leise wieder raus. Folgeprojekte? Fraglich! Neue Weisheiten zum Thema Projektmanagement will ich an dieser Stelle nicht bieten. Ein Kardinalproblem scheint mir Interdisziplinarität zu sein. Komplexe Projekte bei Kunden verlangen eine interdisziplinäre Bearbeitung – und Lotus Notes-Projekte sind oft interdisziplinär. Folgende Aspekte müssen berücksichtigt werden: kommerzielle und technische (die beherrschen wir noch), organisatorische, kommunikative und qualifizierungsspezifische (davon haben wir eher eine vage Vorstellung), kognitive und soziale (da wird’s ganz dünn). Dieses Spektrum decken weder Software-Häuser, gleich welcher Größenordnung, noch großmächtige Beratungsunternehmen ab.
Was tun?
Akzeptieren, dass wir IT-Fachleute und BWLer nicht die Alleinseligmachenden sind? Unsere Fürstentümer öffnen? Die interdisziplinäre Kooperation mit Personen und Institutionen suchen, bei denen auch wir einmal zuhören müssen – beispielsweise bei geisteswissenschaftlichen Fachbereichen von Hochschulen, bei Arbeitswissenschaftlern, Gewerkschaften, Forschungseinrichtungen, Institutionen der beruflichen Erstausbildung und der Weiterbildung? Wir brauchen uns gegenseitig und unsere Kunden brauchen uns gemeinsam. Nebenbei gesagt: Es macht auch Spaß, mal über den Tellerrand zu schauen. Etwas anderes zu tun, als täglich dem eigenen Geschwätz zu lauschen und sich für technische Schlaumeiereien auf die Schulter klopfen zu lassen.
P.S. Selbstverständlich gibt es auch fehlerfreie Projekte von fehlerfreien Unternehmen. Die haben diese Glosse leider umsonst gelesen.