Jeder gegen jeden

Ach wie herzallerliebst ist doch unsere Gesellschaft. Viele schwadronieren religionsübergreifend über Vertrauen, Glaubwürdigkeit, Offenheit, Transparenz und Fairness. In der Praxis gilt eher „Jeder gegen jeden“ oder, intellektueller ausgedrückt, „homo homini lupus est“.

Am letzten Wochenende stöberte ich einen immensen Stapel von Fachzeitschriften plus Spiegel, Zeit und ein paar Tageszeitungen durch, damit alles endlich mal dem Altpapier zugeführt werden konnte. Da reduziert sich der Blick irgendwann auf die fettesten Titelzeilen und man kommt sich auch in den Fachzeitschriften vor wie im Krieg.

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Ich habe noch nie daran geglaubt, dass irgendjemand in diesem demokratischen Staat unsere BND-Schlapphüte, den Verfassungsschutz oder den MAD  im Griff hat. Es ist doch naiv zu denken, dass die auf irgendein Gesetz warten bis sie Rechner mit Trojanern bestücken. Peinlich ist es natürlich, wenn so etwas wie im Falle des afghanischen Ministeriums herauskommt. „Unsere lieben Freunde von der afghanischen Regierung … „ Aber wen kümmert´s wirklich. Die Absolution für den BND-Chef Uhrlau folgte auf dem Fuß. Er soll sich bessern. Macht er sicher.

Mehrfach gestolpert bin ich über Stellenanzeigen von Lidl. Gesucht wird ein Lidl Junior Consultant. Er soll neue und bestehende Organisationsabläufe analysieren. Vermutlich mit Webcams. Er bekommt einen „modern ausgestatteten Arbeitsplatz“. Braucht man auch, wenn man Mitarbeiter ausspionieren will.  Dass der Arbeitsplatz „interessante Perspektiven“ bietet, scheint beim Einsatz der Webcams auch gewährleistet. Wer immer noch meint, dass Lidl und Aldi einfach nur niedrigere Preise haben, weil ihre Chefs verkappte Wohltäter sind, dem empfehle ich die Lektüre des aktuellen Berichts von Günter Wallraff über die Arbeit bei einem Lidl-Zulieferer. Zu lesen in einer Beilage der Zeit. Ab zu Lidl zum Einkauf und wohl bekomm’s.

Eine weitere Überschrift lautete „Spiegelungen in Brillen verraten Spionen den Monitorinhalt“. Das mag sein. Aber so kompliziert muss es nicht sein. Im Flugzeug konnte ich vor einiger Zeit mit verfolgen, wie ein Pressesprecher der Messe AG seine Rede für die Präsentation des neuen CeBIT-Konzeptes schrieb. Fast hätte ich ihm geholfen, aber das Konzept ist ohnehin relativ einfach. Es basiert auf der Verteilung von hunderttausenden von Freikarten und der Pressemitteilung, dass die Besucherzahl gewachsen sei. Solange jeden Tag tausende von Notebooks mit Betriebsgeheimnissen offen wie ein Scheunentor im ICE durch Deutschland gekarrt werden und für Sehschwache die Geheimnisse ergänzend in lautstarken Handy-Telefonaten durch den Großraumwagen posaunt werden, braucht man sich über Sonnenbrillen keine Gedanken zu machen.

Auf der Lotusphere propagierte IBM die neue enge Zusammenarbeit mit SAP. Unter dem Titel Atlantis werden diese Früchte nun den Kunden nahegebracht. In der Computerzeitung las ich: „Oracle schnürt mit IBM mittelstandstaugliche Standardsoftwarepakete. Die Initiative ist vor allem gegen SAP gerichtet. (CZ, 21.4.)“. Wahrscheinlich weiß IBM nicht, was Larry Ellison nun wieder schnürt oder wie erklärt sich der kleine Mann diese Meldung.

Mit Schmunzeln las ich auch, dass das Weiße Haus bei der Umstellung auf Microsoft Technologie Millionen von Emails verloren hat. Wo gehobelt wird, da fallen Späne. Von mir war keines dabei. Es sei denn es handelte sich um die globalen Aufzeichnungen des Email-Verkehrs.

„Friede auf Erden!“ wünscht Ihnen

Jörg Allmann

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