Ethnologie 2016 – Der Mensch in der Lemmingherde

G11 123Achtung! Das Photo hat nichts mit dem folgenden Text zu tun bzw. es symbolisiert das Gegenteil. Manchmal wünscht man sich, ein Vogel zu sein.

In Orlando hatten wir mal wieder die fragwürdige Freude zu erleben, welche stolze Entwicklungsstufe der Mensch im Jahre 2016 erreicht hat.

Beispiel 1: Abtransport vom Hotel zur Event Location „Universal Studios“

Der Transport von ca. 2000 Menschen vom Veranstaltungshotel Hilton zu den Universal Studios ist zugegebenermaßen eine logistische Aufgabe, deren Bewältigung aber aus meiner Sicht nicht die erlebten Blüten treiben muß.

  • Im Hotel strömen ab 19:00 die Menschen aus verschiedenen Richtungen zu den Bussen. Wie auch in anderen Jahren erlebt, wird das kanalisiert. Ist ja auch gut so. Wir sind ja schließlich nicht in Italien.
  • Wir stehen ca. 20 Minuten an einem Absperrband. Die anderen Flußrichtungen haben erst mal Vorrang.
  • Wir, ca. 500 Leute, werden aus dem Hotel-Foyer in einen Gang im Congress-Teil des Hotels geleitet. Alle Lemminge denken, nun ginge es zum Bus. Weit gefehlt. Wir werden nur geparkt in diesem Trakt. Nach und nach merken die Lemminge, dass dies eine Sackgasse ist. Aber am offenen Ende ist natürlich schon wieder abgesperrt.
  • Nach ewigem Warten geht´s dann mit 180°-Drehung wieder zum Foyer und zum Busparkplatz.
  • Am Parkplatz wieder paranoide Absperrungen. Wir dürfen beobachten, wie in einer lächerlichen Umständlichkeit ein paar Busse sortiert werden.
  • Nach kurzer Fahrt zu den Universal Studios wieder ewig langes Sitzen im Bus, weil sich die Sortierung der Busse zum Aussteigen wieder ähnlich umständlich darstellt.
  • Gegen 20:30 dürfen wir dann aussteigen. Danke.

Beispiel 2: Security Check, Orlando International Airport

Ich weiß, in anderen Ländern gibt es Krieg und schlimmere Situationen, und der Security Check findet an überdachten, wohltemperierten Orten statt. Dennoch, es ist menschenunwürdig, was sich da abspielt.

  • Akribischste Kontrolle der Bordkarte und des Passes (falls es von akribisch eine Steigerung gibt)
  • 30 Minuten zum Scannen anstehen
  • Nur ungefähr die Hälfte der Scannerstraßen ist in Betrieb. Vermutlich ist am Mittwoch Feiertag in Orlando und nur das Notpersonal am Start.
  • Die letzten 10 Minuten in der Fußschweß-Kampfzone, weil alle ihre Mauken schuhlos scannen lassen müssen.
  • Dann schön Arme hoch und Beine breit zum Scannen.
  • Dann nochmal befingern lassen.
  • Alles wieder einsammeln, anziehen, verstauen. Durchatmen.

Kollege Felix ist vermutlich vom Maukengeruch so benebelt, dass er in lautstarke Lobeshymnen auf das Sicherheitspersonal ausbricht. Hat seine Durchlaufzeit aber auch nicht beschleunigt.

In München hatte ich letzte Woche einen kleinen Ton des Unmuts geäußert, als eine Kollegin spezialbehandelt wurde. Kommentar der Behandlerin: „Gucken Sie etwa kein Fernseh? Wissen Sie nicht, was in der Welt los ist.“

Nebenbei gesagt, beim Einlass ins Niedersachsenstadion muss man inzwischen eine Intensivbegrapschung erdulden, die der an den Flughafen Security Checks wenig nachsteht. Nicht so viel Technik, dafür körperintensiver. Die Schuhe bleiben allerdings an.

Ich will hier gar keine politischen Diskussionen über Form, Sinnfälligkeit und Verursacher der Security Checks anzetteln. Man sollte nur mal darüber nachdenken: Soweit ist der Homo Sapiens nach 150.000 Jahren Entwicklungsgeschichte gekommen.

 

Win Win Situation

wwWenn jemand mit mir Geschäfte machen will, dann rate ich ihm die Bezeichnung Win Win zu vermeiden. Wir hatten vor Jahren mal einen Berater in unserem Umfeld, der kam alle paar Tage mit einer Win Win Idee hereingeschneit. Ich verbinde mit diesem Ausdruck besonders skurile Ideen, die immer näher am Lose Lose waren als dass damit irgendjemand Geld verdient hat. Im besten Fall ist es zu einem Win Lose gekommen, wobei dann der Erfinder des Win Win ein paar Kröten eingesammelt hat und der zweite Winner im Pakt in die Röhre geguckt hat. Schon damals habe ich auf solche Win Win Situationen mit leichtem Hautausschlag reagiert. Daran hat sich nichts geändert. Vor Weihnachten häufen sich wieder die Win Wins. Vielleicht sollte ich mir mal eine Mail Rule basteln ….

Leseerfahrungen

Buch 001Ich beneide Leute, die dreimal am Tag posten, was sie gerade an dicken Büchern gelesen haben. Egal auf welchem Medium. Ehrlich gesagt, weiß ich nicht, wie sie das schaffen. Mir gelingt eigentlich nur im Urlaub eine signifikante Massenleseleistung. Meine Liste aus dem vergangenen Urlaub:

  • Andrew Keen – Das digitale Debakel
  • Jaron Lanier – Wem gehört die Zukunft?
  • Bruce Chatwin – Patagonia
  • Max Frisch – Aus dem Berliner Journal

Medium: Das gedruckte Buch. Ich bin immer noch nicht der Mensch, der mit dem iPad oder dem Kindle am Strand liegen will.

Kurzkritiken:

  • Andrew Keen – Es gibt ja eine Unmenge schlauer Bücher über das Internet und seine Folgen. Das digitale Debakel ist trotz des reißerischen Titels eines der Besten, das ich bislang in Händen hatte. Flüssig zu lesen, nicht extremistisch, sondern nüchtern, informativ, für mich einfach passend, weil ich viele meiner persönlichen Erfahrungen untermauert sehe. Das ist ja das, nach was man beim Lesen eines Sachbuches sucht. Vielleicht liegt es auch daran, dass Keen Engländer und nicht Amerikaner ist.
  • Jaron Lanier – Noch in Arbeit. Schwieriger zu lesen als Keene, z.T. etwas mystische Gedankengänge. Für mich nicht immer nachvollziehbar. Die Bodenhaftung fehlt mir manchmal etwas.
  • Bruce Chatwin – Eines meiner Lieblingsbücher. Ich bin großer Bruce Chatwin-Fan. Mindestens zum dritten mal gelesen. Phantasievoll. Die Details entziehen sich der Wahrheitsprüfung in Google, was gut ist. Irgendwann muss ich da auch mal hin nach Patagonien, obwohl man vieles dort nicht mehr so finden wird, wie Chatwin es beschrieben hat. Vermutlich hätte ich auch weder den Mut noch die Energie zu seinen Entdeckungstrips.
  • Max Frisch – Nach den schweren IT-Büchern, die sich mit dem technologischen Weltauf- oder -untergang beschäftigen, erfrischend technologiefrei. Die Schreibmaschine als Spitze der Technologieentwicklung. Die Welt in den 70ern vor der Wende aus der Sicht eines Schriftstellers. Skurile Ost-West-Probleme. Bodenständig. Der Mensch als Subjekt und nicht als Objekt.

Genug der Philosophiererei. Die IT-Tagesarbeit ruft. Zurück zu Mail-Migrationen, Connections Deployments, Produktentwicklung, Telcos und Projektstress.

Wieweit sind wir gesunken?

win10_3Windows 10 ist da. Alle wollen es installieren, lieber heute als morgen. Und Microsoft zieht die Schlinge der Verwertung von Nutzerdaten immer weiter zu. Eigentlich finde ich es unglaublich mit welcher Unverfrorenheit amerikanische IT Giganten meinen, die Menschheit zur Lämmerherde degradieren zu müssen. Aber die Lämmer laufen mit. Man nennt es wohl Business Intelligence oder Zeitgeist oder …

Microsoft wirbt mit dem Slogan: „Do unexpected things“. Sollte es vielleicht besser heißen: „I´m doing unexpected things“. Was sicherlich jedem irgendwie bekannt ist, hat Heise unter dem Titel „Windows 10: Neue Datenschutzbestimmungen – Windows wird zur Datensammelstelle“ prägnant zusammengefasst. Eine gesteigerte Datenflut inkl. Standort des Gerätes, Browser-Verlaufsdaten, geöffnete Webseiten, benutzte Apps und vieles mehr wird ans Mutterschiff Microsoft übermittelt. Ein Horror, selbst wenn man angeblich einiges unterbinden kann und sich sicherlich ein breiter Markt an Software entwickeln wird, die die Unterdrückung dieser Funktionalitäten anbietet.

Da laufen dieser Hybris-Jünger bei den Industriekunden rum und bequatschen sie zur Cloud-Nutzung, mit der Aussage, dass Daten nirgends sicherer sein könnten, und am anderen Ende lutschen sie aus den lokalen Geräten alle erdenklichen Daten raus, um sie zu vermarkten. Schizophren oder nur verlogen. Ich weiß allerdings auch, dass es eine Generation bzw. eine Bevölkerungsschicht gibt, die aus dem Juchzen kaum herauskommt, wenn ihre Smartphones ihnen relevantere personifizierte Werbung anbieten. Unser aller Hauptproblem besteht ja auch darin, dass wir mangels geeigneter Hinweise nicht wissen, wo und wie wir unser Geld verblasen können.

Ach wäre es schön, wenn wir dummen Konsumenten Microsoft nicht zum Monopolisten gemacht hätten und es Alternativen gäbe. So bleibt nur der Kampf von Proxys, Firewalls und geeigneter AddOn-Software gegen die nackte Gier der Datensammler.

 

Social Networking in der Praxis

Social Networking ist inzwischen für die meisten Menschen im Privaten wie im Dienst eine Alltagsbeschäftigung. Kaum jemand kann es sich leisten nicht teilzunehmen. Im Minimum als lesender Konsument.
Wenn ich Zeit hätte, dann würde ich gerne mit wissenschaftlich fundierter Unterstützung, untersuchen, wie das Agieren in Social Networks zu bewerten ist. Ein Raster habe ich vor einigen Monaten schon mal zusammengestellt. Interessant wäre vermutlich auch, eine solche Untersuchung über einen längeren Zeitraum durchzuführen, um Entwicklungen zu erkennen. Vielleicht gibt´s das auch schon, dann würden mich Hinweise interessieren.
Social Networking
Faktum ist, jeder hat mehr oder minder bewusst einen persönlichen Kodex, nach dem er auf den unterschiedlichen Plattformen agiert. Der Eine wirkt eher durchsichtig in seinen Selbstdarstellungumtrieben, der Andere als ob er kontinuierlich mit einem Geschwader von Imageberatern sein Tun abstimmt. Immer ist es ein Tanz um´s Fettnäpfchen. Und immer hängen wir an der Leimrute der Provider. Eine kontinuierliche Auseinandersetzung mit den perfiden Monetarisierungsinteressen von Zuckerberg und Co.
Es gibt interessante Leute, es gibt Nervsäcke, es gibt Provokateure, es gibt Langweiler, es gibt witzige Leute, es gibt Vertriebler, es gibt Gewinner und es gibt Verlierer, wie bei jeder Technologie-Entwicklung. Spannend ist es allemal.

Spaß mit Siri

Bei einem Sommerfest gibt es eine Unzahl von Gesprächen mit einer noch größeren Zahl von Behauptungen und entsprechendem Klärungsbedarf. Wo man in alten Zeiten mangels Klärungsmöglichkeit vertagen musste, wird heute x-mal am Abend das Smartphone aus der Hosentasche geprokelt und gegoogelt. Wenn dann die Feinmotorik zum Tippen wegen ganz leichter Alkoholisierung nicht mehr ausreicht, muss Siri ran.

Der Versuch, den Schlagzeuger von Weather Report zu ermitteln, endete unbefriedigend. Mein Freund landete trotz intensivster Aussprachebemühung mit den üblichen Nebenwirkungen des „th“ immer wieder beim Weser Report oder Vorschlägen zu Western. Es war zum Verzweifeln.

Fest 013Fest 014Übrigens, Christoph, du hattest Recht. Joe Zawinul war der Keyboarder, nicht der Schlagzeuger.

Sponsoring: Orchester im Treppenhaus

OiThNachdem wir uns schon öfters als Sponsor des Orchesters im Treppenhaus betätigt haben, kümmern wir uns seit dieser Woche auch um den Betrieb der WebSite des Orchesters. Der Umzug vom alten Provider zu unserem Provider inklusive Domänenumzug verlief zwar nicht ganz reibungslos, aber nun ist es vollbracht. Ein bisschen Spaß mit WordPress, mit Domain Discountern – ich bekomme bei der Zahl 24 immer Pickel – mit DNS Servern und übersehenen Mail Funktionalitäten muss sein. Der alte Server war leider schneller weg als uns lieb war.

Danke an Lukas und seine Gehilfen für´s Doing, danke an Natalie für die Geduld. Ich hoffe, dass wir in Zukunft beweisen, dass wir auch diesen Kleinkram im Griff haben. Ab jetzt wird optimiert.

Die Weltkarte der Lufthansa

LH1LH2Vorab gesagt: Ich benutze keine Payback oder andere Kundenbindungskarten. Für 9,35€ am Jahresende lasse ich mich nicht wie ein Nasenbär durch die Konsumhallen ziehen.

Meine „nur“ blaue Miles&More-Karte ist so ein letztes Relikt.

Es gab mal Zeiten, da hatten die Prämien- und Statusmeilen der Lufthansa irgendetwas mit den Distanzen zu tun, die man zurückgelegt hat. Inzwischen finde ich diese Abrechnung geradezu lächerlich. Mir ist natürlich klar, dass das die Rache für die billigen Buchungsklassen ist, die ich gelegentlich aus ökonomischen Gründen wähle. Trotzdem, es ist es ein Witz.

Boston/Frankfurt 1.830 Meilen, Orlando/Frankfurt gar nur 1183 Meilen, nach Lissabon sind´s 500 Meilen und manchmal ist es auf dem Rückweg sogar erheblich kürzer als auf dem Hinweg. Also 125 Meilen von Hannover nach Lissabon, das mach ich doch mit dem Auto in 2 Stunden. Ich warte auf den Flug, bei dem ich meilentechnisch im Minus lande.

Mir ist auch klar, dass das System durchaus durchdacht ist. Die Business Lounges vom Prekariat geflutet, nur weil die Leute mit ein paar Malle-Flügen zu einer Frequent Traveler Card kommen. Das will doch keiner. Die würden die Lounges trocken saufen und vermutlich noch Salzstangen und Erdnüsse in die Taschen der Trekkinghosen stopfen. Danach dann noch frech bei Business Class einchecken.

Ob man allerdings, um das zu verhindern, die Maßeinheit „Meilen“ ad absurdum führen muss, will ich bezweifeln.

Lufthansa, eure kleinkarierte Abrechnung …

Morgendliche Denkanstöße

BredenbeckMein Fahrradweg zur Arbeit führt morgens immer durch ruhige Laubenkolonien. Ich könnte den Weg auch im Halbschlaf fahren. Zeit für die mentale Tagesplanung: Was hab ich heute vor? Welche Prioritäten gibt es? Was ist von gestern liegen geblieben? Was läuft gut, was weniger gut? Über was habe ich mich geärgert, über was gefreut? Viele gute Ideen entstehen in diesen morgendlichen 10 Minuten. Am Ende des Weges komme ich dann an eine Ampel. Bremsen, aufwachen, Verkehr. Heute viel mir ein Lieferwagen mit der Aufschrift: „Hast du Freude, hast du Zorn, trinke Bredenbecker Korn.“ ins Auge. Auch ’ne Überlegung wert.

Partnering mit unseren Freunden aus Amerika

Scribbel27Es gibt so ein paar Schmerzen im Partnering mit unseren lieben Freunden aus Amerika, darüber komme ich auch nach Dekaden Berufserfahrung nicht hinweg.

Das Harmloseste ist noch das nicht enden wollende fragen nach State/Province in allen Formularen amerikanischen Ursprungs.

Liebe Freunde im Land der unbegrenzten Möglichkeiten: Solche Pflichtfelder nerven, besonders wenn man Customer References ausfüllen soll und für jedes Bundesland den englischen Namen googlen muß. Lower Saxony hab ich ja auf dem Schirm, North Rhine Westphalia vielleicht auch noch, wobei es da mit der Schreibweise aber schon schwierig wird. Saxony-Anhalt hätte ich jetzt nur raten können, hätte eher auf Saxony on hold getippt.

Die nächste Nervstufe besteht in der unverfrorenen Abfrage von Kundenkontakten, deren Telefonnummern und deren Email-Adressen. Ich habe jetzt gestern mal unter solch ein Formular geschrieben, dass das nach deutschem Recht verboten sei. Ob’s stimmt oder ob´s in Amerika jemanden interessiert, sei mal dahingestellt. Vielleicht bietet ja die NSA solch einen Service inzwischen für kleines Geld an. Und der BND hilft, falls Umlaute im Spiel sind. Kleine Amtshilfe unter Kumpels.

Die härteste Nummer brachte vor einiger Zeit Google. Ich sollte im Rahmen der Google Enterprise Partnership für alle unsere Mitarbeiter eine quasi eidesstattliche Erklärung abgeben, dass keiner jemals in irgendwelche terroristischen Aktivitäten verstrickt war und wir als Firma das auch ständig überprüfen würden. Das Papier wanderte in die Tonne. Wir sind kein Google Enterprise Partner mehr.

Das tragische ist, wir haben keine Chance in diesem Machtspiel. Infos verweigern heißt in letzter Konsequenz auf Partnerschaft und Geschäft verzichten. Deutsches Recht ist in diesem Zusammenhang etwas zum Tapezieren der Toilette.